Georgy Vasiliev
Welche drei Produktionen schätzt du besonders?
Erstmal natürlich Faust am Royal Opera House mit dem großartigen Antonio Pappano, Ildebrando d'Arcangelo und Rachel Willis-Sørensen und Vittorio Grigolo als Rollenpartner; dann die Galakonzerte auf dem Palastplatz in St. Petersburg mit Anna Netrebko, Ildar Abdrazakov usw. für mehr als 80.000 Zuschauer:innen; und natürlich auch Die Nacht vor Weihnachten in der Inszenierung von Christof Loy, eine wunderschöne Inszenierung, ein perfektes Beispiel für eine moderne Inszenierung, bei der mit Hilfe moderner Regietechniken (ich bin z. B. in 5-10 Metern Höhe geflogen) alles, was der Autor wollte, mit großem Respekt vor dem Text umgesetzt wurde; und auch Madame Butterfly am Hafen von Sydney mit dem Sonnenuntergang über dem Opernhaus von Sydney als Hintergrund.
Was gibt ein Publikum einem Darsteller?
Während der Aufführung gibt es für mich niemanden, der sich außerhalb des Bühnenraums befindet, oder besser gesagt, außerhalb des Raums, in dem sich meine Figur befindet. Um ehrlich zu sein, versuche ich sogar, die Dirigentin oder den Dirigenten nicht anzuschauen. Trotzdem spüren wir Operndarsteller:innen auf der Ebene der subtilen Empfindungen – durch Flüstern, Totenstille, stürmischen Applaus – immer, wie herzlich das Publikum bei der heutigen Aufführung ist. Und es gibt kein größeres Glück als den Applaus nach der Aufführung und die begeisterten Augen der Zuschauer:innen, die einen dankbar am Bühneneingang begrüßen. Ohne das Publikum könnte unsere Kunst nicht existieren, das haben wir alle während der Pandemie perfekt gesehen.
Welchen Moment oder welche Phase im gesamten Produktionsprozess (vom Erlernen einer Rolle bis zur Aufführung) magst du am meisten?
Ich denke, jeder Moment hat seinen eigenen Reiz: Zuerst ist es der Kontakt mit dem Komponisten, ich versuche, in jedem Wort, jeder Note und jeder anderen musikalischen Notation zu verstehen, was genau der Autor in meine Figur hineingelegt hat, und mich für immer daran zu erinnern. Dann, bei der Inszenierung, versuchen wir gemeinsam mit der Regisseurin oder dem Regisseur und der Dirigentin oder dem Dirigenten, ein spezifisches Bild meines Helden zu schaffen, indem wir die Ansichten und Ideen von uns allen dreien kombinieren. Aber das Aufregendste und Wichtigste ist die Verwandlung in die eigene Figur während der Aufführung. Das ist die ultimative Konzentration, die Offenlegung aller Emotionen, die völlige Hingabe in Schauspiel und Gesang.
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Geboren in
Moskau (Russland)
Ausbildung
Studium in Chorleitung und Operngesang sowie Orchesterdirigieren an der Akademie für Chorkunst in Moskau
Wichtige Engagements
Titelrolle in Faust am Royal Opera House in Japan und am Staatstheater Stuttgart Alfredo in La traviata am Bolschoi-Theater in Moskau, an der Deutschen Oper Berlin und am Theatro Municipal de São Paulo Pinkerton in Madama Butterfly an der Opera Australia, an der Opéra Rouen, an der Opéra de Limoges und an der Lyric Opera in Kansas City Roméo in Roméo et Juliette an der Novaya Opera in Moskau und an der Fundation Gulbenkyan in Lissabon Edgardo in Lucia di Lammermoor an der Deutschen Oper Berlin, an der Palm Beach Opera und an der Opéra de Lille.
Außerdem Engagements u. a. als Rodolfo in La bohème, Duca di Mantova in Rigoletto, Vakula in Die Nacht vor Weihnachten, Lensky in Eugen Onegin, Don José in Carmen am Grand-Théâtre de Genève, an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, an der Deutschen Oper Berlin, an der Staatsoper Frankfurt am Main, an der Lyric Opera in Kansas City und anderen Opernhäusern in USA, Europa und Russland
In dieser Saison an der Volksoper zu sehen als
Graf Vaudemont in Jolanthe und der Nussknacker (Debüt)