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Kein klassisches Märchen

Bei der Wiederaufnahme des Balletts Coppélia in der Choreographie von Pierre Lacotte erwarten das Publikum zahlreiche Rollendebüts, unter anderem in den Hauptrollen Swanilda und Franz. Im Interview berichten die Tänzer:innen Kiyoka Hashimoto, Alexey Popov, Natalya Butchko und Arne Vandervelde von ihrer Arbeit an dem Ballett. 

Arne Vandervelde, Natalya Butchko
Arne Vandervelde, Natalya Butchko

Warum ist Pierre Lacottes Coppélia so einzigartig und worauf kann sich das Publikum freuen?

KH: Das Ballett ist eine Komödie, weshalb wir versuchen das Publikum mit dem Spaß, den die Geschichte mit sich bringt, anzustecken. Auch wenn die Choreographie von Pierre Lacotte leicht und niedlich erscheint, ist sie für uns anspruchsvoll. Wir müssen sie daher vollends in unseren Körpern verankert haben, bevor sich die Freude am Tanzen auf die Zuschauer:innen übertragen kann.

NB: So simpel die Geschichte um Swanilda und Franz klingen mag, die Kombination aus Verspieltheit und den schwierigen Schritten zeichnet dieses Ballett aus. Es gibt außerdem zahlreiche besonders gestaltete Szenen, wie zum Beispiel im zweiten Akt, in dem sich Swanilda als die Puppe Coppélia ausgibt.

AV: Das Ballett ist kontrastreich. Der zweite Akt ist intimer gestaltet. Das gibt dem Publikum die Möglichkeit, ganz in die Geschichte einzutauchen. Der dritte Akt kann mit den Divertissements für sich alleinstehen und bringt große technische Herausforderungen mit sich.

AP: Die pantomimischen Elemente dieses Ballettes bereiten sowohl den Tänzer:innen wie auch Kindern und Erwachsenen großen Spaß. Das Ballett gefällt allen Altersgruppen.

Kiyoka Hashimoto, Jackson Carroll
Kiyoka Hashimoto, Jackson Carroll

Coppélia basiert auf E.T.A. Hoffmans Märchen Der Sandmann, was macht dieses Ballett märchenhaft?

NB: Die Geschichte ist kein klassisches Märchen mit einer Prinzessin und einem Prinzen, sondern eher eine Erzählung über reale Menschen, dennoch sind wundersame Elemente enthalten, wie zum Beispiel das Horchen an einer Kornähre, die Swanilda zuflüstern soll, ob Franz sie liebt oder nicht.

AP: Wir versuchen die Geschichte magisch erscheinen zu lassen. Wenn uns das gelingt, wird das Ballett zum Märchen.

AV: Coppélia ist eine neuere Version eines Märchens, bei der es leichter fällt, sich in die Geschichte hineinzuversetzen. Auf mich wirkt es beinahe wie eine Erzählung, die zwar lange Zeit her ist, aber aus der Wirklichkeit stammen kann.

Alexey Popov
Alexey Popov

Was sind choreographische Herausforderungen für euch?

AP: Mein Solo im dritten Akt ist das anspruchsvollste Solo, das ich je getanzt habe, und ich tanze viel.

KH: Der französische Stil von Pierre Lacotte ist bekannt für seine technisch herausfordernden und schnellen kleinen Schrittfolgen, von denen es in Coppélia jede Menge gibt.

NB: Hinzu kommt die Länge der Variationen. Bereits im ersten Akt stellt das eine Herausforderung dar, worauf der zweite Akt folgt, der größtenteils solistisch aus Swanilda als Coppélia und Coppelius besteht. Es ist also herausfordernd bis zum Ende mit größter Aufmerksamkeit und Konzentration durchzuhalten.

Wie differenziert ihr, Kiyoka und Natalya, zwischen den mechanischen Bewegungen als Coppélia und denen von Swanilda?

KH: Es fällt schwer, so zu tun als wäre man eine Maschine, schließlich ist sie ein totes Objekt, und man selbst ein lebendiger Mensch. Dafür braucht es viel Übung, Inspiration und stetige Verbesserung. Ich hoffe, das Publikum mit meiner Interpretation überzeugen zu können.

NB: Coppélias Bewegungen sind statisch und stehen für sich allein, während Swanilda mit anderen Charakteren interagiert und dabei lieblich, zart und humorvoll ist. Auch wenn Swanilda so tut als wäre sie Coppélia, fühlt es sich für mich wie eine andere Rolle an, die ich mit einer anderen Intention tanze. Was schwer fällt, sind beispielsweise die Bewegungen der Augen. Als Swanilda kann ich mit meinen Augen Gefühle zum Ausdruck bringen, während meine Augen als Coppélia starr, wie die einer Puppe, sein müssen.


Natalya Butchko, Arne Vandervelde
Natalya Butchko, Arne Vandervelde

Die Musik von Léo Delibes ist auf einzigartige Weise von Pierre Lacotte interpretiert. Welche Verbindung gibt es zwischen den musikalischen Nuancen und euren Bewegungen?

AP: Ich habe Coppélia bereits in einer anderen Fassung zur Zeit meiner Ausbildung getanzt, doch die Choreographie von Lacotte ist von Grund auf eine andere. Es fühlt sich wie ein neues Ballett an. Was die Bewegungen, auf die Musik einzigartig macht, sind die Schatten, die jede Bewegung hinter sich herzieht.

AV: Lacotte hat jede Bewegung mit der Intention kreiert, das zum Ausdruck zu bringen, was die Musik aussagen möchte. Diese Umgangsform mit Bewegung unterstützt den komödiantischen Charakter hinter jedem Witz. Die humorvollen Momente fallen auf Akzente in der Musik, sodass sie verstärkt werden und beim Publikum noch deutlicher ankommen.

NB: Die pantomimischen und musikalischen Akzente fallen perfekt zusammen, was das Erzählen der Geschichte unterstützt. Ohne Musik ist es deutlich schwerer eine Szene pantomimisch zu gestalten.

Das Interview führte Noëmi Hellener