TH: Ihr nennt euer Stück eine „Märchenoperette“. Was ist das eigentlich?
AR: „Märchen“ steht für Wunder. Es erlaubt, dass die Zeitlinien verschwimmen, dass eine längst verstorbene Librettistin mit der vergoldeten Statue eines Komponisten auf dem Dachboden Luftgeige spielt und zwei junge Menschen einen Walzer in Sneakers tanzen, die sich nicht entscheiden müssen, wer sie sind, um trotzdem ganz genau zu wissen, wen sie lieben. Im Märchen ist die Welt verzaubert und das Schwere wird leicht, weil es nicht begründet, sondern geglaubt werden darf. Die Operette wiederum steht für das Spiel und den Spaß an der Form, für das ironische Augenzwinkern, mit dem der Schmerz erträglicher wird und gesellschaftliche Konventionen aufgebrochen werden. Kurzum: Das Märchen bringt die Magie und die Operette den Mut, sich ihr hinzugeben.
Glaubst Du eigentlich an Märchen?
Unbedingt! Ich mache mir die Welt zum Märchen. Sonst wär sie schwer erträglich.
Hinter Aschenbrödels Traum steckt aber auch eine wahre Geschichte. Wer war eigentlich Ida Grünwald?
AR: Sie war eine echte Wiener Typewriterin. Um 1900 führte sie ein eigenes Schreibbüro in Wien, arbeitete mit Schriftstellern wie Schnitzler und Hofmannsthal, stets pünktlich, präzise und mit Stolz auf ihr Handwerk. Auf dem Deckblatt des originalen Aschenbrödel-Librettos prangt ihr Name: Ida Grünwald, Typewriterin, Glasergasse 7 – klar und groß, wie ein heimlicher Urhebervermerk. Ob sie selbst geschrieben hat? Wir wissen es nicht. Aber wir haben es uns so vorgestellt. Wir wollten ihr eine Stimme geben, nicht als Muse oder Maschine, sondern als Erzählerin mit eigener Fantasie. Sie tippt nicht nur das Märchen, sie lebt und lenkt es auch. Und genau darum beginnt Aschenbrödels Traum mit ihr.
Johann Strauß, das sind große Fußstapfen. Wieviel Strauß enthält eure Operette und wieviel Martina Eisenreich?
AR: Nun, wir waren im Stadtpark und haben das Denkmal von Johann Strauß gefragt – es hat begeistert genickt und uns seine schönsten Melodien zur Inspiration überlassen. Martina hat sie durchgeblasen, verdreht, gestreichelt, verfremdet und um ihre eigenen Melodien ergänzt. So ist ein völlig neues Werk entstanden.