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Omer Meir Wellber

Was gibt das Publikum einer Künstlerin, einem Künstler?

Das Publikum gibt den Künstler:innen erst etwas, nachdem es selbst etwas bekommen hat. Zuerst gibt die Kunst, dann gibt das Publikum zurück. Bei jeder Aufführung haben wir es mit einem viergliedrigen Kreis zu tun. Zu Beginn haben Sie Komponist:innen und Autor:innen, solange ein Stück aber bloß auf dem Papier existiert, existiert es nicht wirklich. In einem nächsten Schritt gibt es die Interpret:innen, die das Stück lesen und studieren. Dann gibt es die Proben, zusammen mit anderen Künstler:innen, das Werk klingt bereits und nimmt Gestalt an. Und schließlich spielt man es vor Publikum und erst dann existiert das Stück tatsächlich.

Warum singen die Leute und warum sprechen sie nicht?

Das ist tatsächlich sehr simpel: weil sie es können. Gesang ist ein wesentlicher Ausdruck der menschlichen Kreativität. Singen und Tanzen sind die reinsten Mittel des menschlichen Ausdrucks, weil man für sie kein Instrument benutzen muss, alles kommt aus dem Innersten und geht über die Sprache weit hinaus.

Welche Rolle kann/soll Musiktheater in der heutigen Gesellschaft einnehmen?

In früheren Zeiten war das Theater ein Ort, an dem gesellschaftliche Neuigkeiten und Nachrichten unter die Leute gebracht wurden. Denken Sie an Le nozze di Figaro, denken Sie an Richard Wagner. Vieles war nicht nur künstlerisch neu, sondern eröffnete auch eine neue Perspektive auf die Gesellschaft. Sogar Revolutionen wurden im Theater gestartet. Heutzutage beschäftigen wir uns im Theater kaum noch mit Nachrichten. Dennoch müssen wir zugeben, das Theater immer noch ein sehr politischer Ort ist, und das auf der ganzen Welt. Es hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung als Symbol der Meinungs- und Redefreiheit. An erster Stelle und somit das Wichtigste für uns ist es, diese symbolische Bedeutung nicht zu verlieren. Wir müssen weiterhin für sie kämpfen. Theater sollte nicht wie ein Museum behandelt werden, ein Ort, an den man geht, um passiv zuzuschauen. Wir sollten die Rolle des Theaters als Impulsgeber für die öffentliche Meinung nicht aufgeben. Es ist unsere Aufgabe den Menschen unterschiedliche Sichtweisen auf die Realität zu ermöglichen. Hans Werner Henze sagte einst: „Musik ist nolens volens politisch“. Jetzt da es in der Ukraine Krieg gibt, gibt es Intendant:innen die beschließen nicht mehr Tschaikowsky zu spielen. In meinen Augen sind diese Entscheidungen dumm, allerdings gefällt mir genau das, weil es bedeutet, dass Tschaikowski von Bedeutung ist. In Israel spielt man keinen Wagner. Ich denke, es ist eine dumme Entscheidung, aber ich mag es: Wagner matters!


Geboren in

Be'er Sheva (Israel)

Ausbildung

Musikalische Ausbildung in Akkordeon und Klavier, Be’er Sheva Konservatorium, Dirigieren und Komposition mit einem Stipendium der American-Israel Cultural Foundation an der Jerusalem Music Academy

Wichtige Engagements

War von September 2022 bis Dezember 2023 Musikdirektor der Volksoper Wien; Musikdirektor des Teatro Massimo Palermo und designierter Generalmusikdirektor der Staatsoper Hamburg. Weitere wichtige Engagements: 1. Gastdirigent der Semperoper Dresden und dirigierte dort u. a. Neuproduktionen und Wiederaufnahmen von Aida, Ariadne auf Naxos, Daphne, der Da Ponte-Trilogie, Die Zauberflöte, Grand Macabre, Guntram, Madama Butterfly, Nabucco, Der Rosenkavalier, Salome und Tannhäuser; zudem Giordanos Andrea Chénier, Boitos Mefistofele an der Bayerischen Staatsoper, Tannhäuser am Teatro La Fenice di Venezia, Verdis Les Vêpres siciliennes und Wagners Parsifal am Teatro massimo in Palermo, Aida in der Arena di Verona, Carmen an der Metropolitan Opera in New York, Lohengrin an der Wiener Staatsoper

Prägende Zusammenarbeit mit diesen Künstler:innen

Das ist schwierig… An erster Stelle stehen hier die Sächsische Staatskapelle Dresden, Opernregisseure wie Graham Vick, der unglücklicherweise letztes Jahr verstarb, Luc Bondy, das Teatro Massimo in Palermo, und und und 

Außerdem gibt es zwei Rollen, die ich zu meinen bedeutenden Zusammenarbeiten hinzuzählen möchte: Figaro aus Le nozze di Figaro und Fiordiligi aus Così fan tutte. Mit diesen beiden Figuren verbindet mich eine starke Beziehung. Und nicht zuletzt Wolfgang Amadeus Mozart: Er hat meine Vorstellung von Musik und Theater stark verändert, aber auch mein Verständnis hinsichtlich der Bedeutung von Freiheit.

Debüt und wichtige Arbeiten an der Volksoper Wien

Wellber debütierte an der Volksoper Wien 2022 mit Die Zauberflöte und dirigierte seither die Neuproduktion von Jolanthe und der Nussknacker, die Wiederaufnahme von La bohème sowie La traviata und das Konzertdebüt des Orchesters der Volksoper Wien im Wiener Konzerthaus. Mehrere Omer & Friends Konzerte fanden als spontanes Late Night-Format im Balkon-Foyer statt. 

Bedeutende Preise & Ehrungen

2020 „Rudi-Häussler-Preis“ der Stiftung Semperoper

2021 Sonderpreis der renommierten italienischen Associazione Nazionale Critici Musicali 

2021 Cielo d'Alcamo Literaturpreis für die italienische Veröffentlichung seines Romans Die vier Ohnmachten des Chaim Birkner (Berlin Verlag, 2019)

Bücher

Wellber veröffentlichte 2019 seinen ersten Roman Die vier Ohnmachten des Chaim Birkner im BerlinVerlag, zudem erschienen auf Italienisch (Sellerio Editore) und Französisch (Éditions du sous-sol). 2017 wurde Die Angst, das Risiko und
die Liebe – Momente mit Mozart
veröffentlicht.

Sonstiges

Musikdirektor des Teatro Massimo Palermo (bis 2024), Generalmusikdirektor der Staatsoper Hamburg (ab Herbst 2025)

Im August 2022 beendete er seine Engagements als Erster Gastdirigent der Semperoper Dresden und Chefdirigent des BBC Philharmonic Orchestra.

Autor der Bücher Die Angst, das Risiko und die Liebe – Momente mit Mozart im Ecowin-Verlag (gemeinsam mit Publizistin Inge Kloepfer) und Die vier Ohnmachten des Chaim Birkner

Website

https://omermeirwellber.com/


* Verwendung der Fotografie (© Luca Pezzani) nur für Zwecke der aktuellen Berichterstattung über die Volksoper Wien